

Nordkapp
Seen und Wälder, Regen und Kälte, Zufriedenheit und Glück
Ja, da sitzen wir nun in den von Corona gebeutelten Reisevorbereitungen, wohin denn nun?
Im Süden alles dicht.
Ursprünglich freuen wir uns auf unentdeckte Routen durch den Balkan nach Griechenland.
Immer problematischer gestalten sich Einreise und Durchreise.
Ach so, und Waldbrände allerorten wollen wir auch nicht so gerne. Mit Hitze können wir zwar umgehen, aber durchs Feuer müssen wir nicht (haben wir im übertragenen Sinn hinter uns) und das Leid der Bevölkerung touristisch mitzunehmen, graust uns.
Was ist denn so im Norden los?
Kurz vor dem Start fliegen die Fleece-Pullover und die wollene Unterwäsche ins Gepäck, und schon fahren wir voller Freude in die gegensätzliche Richtung.
Also Bielefeld -> Nordkapp ist die neue Spur
Wolkenloser Himmel, - noch -, die A7 ist dicht ab Hannover, nicht nur wegen der Büchsenfahrer, sondern auch Nebel und Regen trüben die Fahrfreude ein.
Stau vorbei, die Gashand dreht munter am Quirl, der Boxer tut sein Bestes, das Motorrad wird nicht schneller, warum das denn?
Erinnerungen an die gute alte Honda CB 500 Four werden geweckt, das Gefühl einer zermürbten Kupplung ist noch latent im hinteren Winkel zwischen den Ohren bekannt. Was nicht sein darf und doch sein kann: Die Kupplung teilt uns auf diese Art mit, dass sie nach knapp 100.000 km in den wohlverdienten Ruhestand möchte… und leider bitte sofort!
Ein Anruf beim Freundlichen (BMW-Händler) ergibt, dass alle bereits unter Saison-Hochdruck stehen, aber,… ach so,… ihr seid das, … ja dann kommt mal vorbei.
Nach einer Nacht im Hotel in Walsrode, worüber wir den Mantel des Schweigens decken, geht es gaanz langsam zurück, Richtung Löhne-Gohfeld.

Das traurige Ende einer Reise?
… schwuppdiwupp steht die GS auf der Bühne…
Maurice Schumann, der Werkstatt-Boss bei Motorrad Weihe bittet uns um 30 Minuten Ruhe, dann…

Verlässliche Hilfe - neuer Mut - startklar
wir sind sehr gerührt…erfahren wir von einer martialischen Zuordnungs-Umplanung der Werkstatt-Jungs und schwuppdiwupp steht die GS auf der Bühne. In dem Zustand bekommt man sein Zweirad (Einrad) selten zu sehen.
Am nächsten Nachmittag kommt der Anruf: Eure Kiste ist in Ordnung, also abholen und hurtig zurück auf die Route.
Eine Riesen-Merci, ein Kniefall war da wohl das Mindeste, was wir noch tun können. Ein gewaltiges Dankeschön an das Team. Und die Verabschiedung ist herzlich und vor lauter Umarmungen kommen wir gar nicht richtig los.
Ein viel zu kurzer Besuch bei Freunden in Lübeck darf nicht fehlen und am Abend stehen wir bereits in Puttgarden auf dem Camping, völlig glückselig bei Pommes und Bierchen.
Unsere Stockholm-Besichtigung muss aufgrund des neuen Zeitplans ausfallen, trotzdem sind wir heiß, endlich zu fahren.
Durch Schweden und Finnland, (in Rovaniemi am Polarkreis ist immer Weihnachten, weil der Chef da ja wohnt), nach Norwegen.
Landschaft der ewigen finnischen Wälder
Unterwegs begegnen uns viele Rentiere, die auf der Straße laufen oder auch liegen, dass die Höchstgeschwindigkeit von ca. 90 km/h absolut gerechtfertigt ist und wir liebend gern diesem Gebot nachkommen. Solche Fahrweise entspannt außerordentlich und passt hervorragend zu der Landschaft der ewigen finnischen Wälder.
Die Grenzer der Finnisch-Norwegischen Grenze möchten doch einen Blick auf unsere Impfzertifikate werfen, geben bei kaltem und regenreichem Wetter ihr OK und locker rollen wir weiter nordwestlich.
Nach nur einer Übernachtung in Norwegen ist das Zelt tags darauf am Kapp schnell und akkurat aufgebaut. Dem Wetter-Sturm entsprechend hat Holger es längs der Windrichtung sehr sorgfältig verspannt und gesichert. Auch Petras Kontrolle gab keinen Anlass zur Reklamation.

Glücklich - Ruhe im Bungalow am Nordkapp
… Zelt mit grandiosem Ausblick auf das Nordmeer …
Wir sind froh, nicht im Wohnmobil zu sitzen wie die anderen, sondern das Wetter hautnah zu spüren, dem harten Wind im Gesicht zu trotzen und der Natur so nah zu sein, das Zelt mit grandiosem Ausblick auf das Nordmeer, und ganz allein, weit weit weg im Nirgendwo.
Petra und Holger. Nur noch Freude und pures Glück.
Naja, die Mitternachtssonne hat keine Lust sich zu zeigen und entgegen unserer Annahme, dass sich der Sturm des Nachts bei Dämmerlicht legen würde, verkehrt sich. Er beweist uns seine ganze Kraft und Lautstärke.

Unter der Kugel - dieses Bild muss sein
Der eisige Nordwind bläst mit vollen Backen!
Was tun, wenn Bo Hilleberg vor ca. 30 Jahren doch etwas flunkerte, als er uns versicherte, dass ein sorgfältig aufgebautes Keron-Zelt auch den stärksten Böen trotzt? Einen Plan B oder gar C können wir nicht entwickeln. Dafür ist es einfach zu einsam und wir stehen zu ausgesetzt. Aufrecht sitzend bleiben wir wachsam, aber eigentlich wissen wir, dass Holger das Keron wie eine „Napfmuschel am Boden festgesaugt“ hat. Kein Insekt passt zwischen Zeltwand und Boden.
Aber gegen 03:00 sind wir zuversichtlich, denn im Höllenlärm steht unser Bungalow wie die Eins. Der eisige Nordwind teilt uns auf sehr direkte Art seinen Schaffensdrang mit. Er bläst mit vollen Backen!
Aus Zuversicht wird nun Gewissheit: Das Keron packt es. Wir sind sicher! Beschützt durch ein tolles Zelt.
In der Erinnerung haben wir also die Sorgfaltspflicht erfüllt, unseren Kundinnen und Kunden in Bielefeld doch immer das richtige Zelt ans Herz gelegt zu haben!!
Zeit für einen leckeren Obstler aus den neu erworbenen Souvenir-Gläschen und endlich darf sich auch der Schlaf einstellen; ganz hoch im Norden.
Der Benzinkocher-Kaffee, bei blauem Himmel und Windstille am nächsten Morgen, ist so gut wie noch nie und es bietet sich DAS Foto an der Kugel an. Stolz (!) verfliegt allerdings, als wir die Jungs und Mädels mit ihren Fahrrädern entdecken. Aus Deutschland, Italien, Österreich, Ungarn usw. kommen die, den ganzen Weg geradelt, kaum zu glauben, Teufel auch!!!
Der Kompass zeigt nun meist auf Süd…
Die Rückfahrt, ja die Rückfahrt, unausweichlich und irgendwie ist jetzt doch ein wenig die Luft raus.
Der Kompass zeigt nun meist auf Süd, aber die Lofoten, der Geiranger, die Trollstigen trösten nicht nur, nein, begeistern. Schneegedeckte Berge, Wasserfälle, sattes Grün berauschen die Sinne.

Wärmende Kaffeepause auf den Lofoten
Ach ja, der Regen, rauscht übrigens auch und sporadisch fallende Hagelkügelchen beklopfen fordernd die Visiere.
Eine Tour durch dieses fantastische Norwegen mit immer neuen Eindrücken, darf nicht so oberflächlich vorbeirauschen, muss mit mehr Zeit genießerischer aufgenommen werden. Das ist auf dieser Reise klar geworden. Der Beschluss steht:

Wir müssen nochmal herkommen.
Straßen enden häufig am Wasser, denn kleine Fähren setzen uns über den Fjord. Außerdem wärmen wir uns so mit Kaffee oder Tee und auch der kleine Snack tut bei dem nasskalten Wetter richtig gut. Wir brauchen auf diesen Fähren nie etwas zu bezahlen, nur unser Kennzeichen wird bei jeder Fahrt abgelichtet.
Der alte Herr startet bereit im August zur großen Reise
Veränderungen, der Zeit geschuldet
Die Station des norwegischen Polarkreises ist mit nicht ganz so viel Weihnachtsgedöns gestopft wie in Finnland, aber das hier ist ja auch nur die norwegische Dependance des Weihnachtsmannes.
Jedoch hat er sich bereits im August aufgrund seiner schweren anstehenden Arbeit schon mal auf den Weg gemacht.
Als Holger diesen Breitengrad im Jahr 1979 mit seiner Honda CB 500 Four erreichte, bestand dieser Ort aus einer Holzhütte mit Kaminfeuer. Ansichtskarten schrieben er und sein Freund Peter, erwarben kleine Souvenirs. Es war urgemütlich. Veränderungen, der Zeit geschuldet, sind überall zu beobachten.
Durch karge Landschaft cruisen wir mit 80 – 90 km/h, das ist visionär beruhigend, zumindest bleiben wir in den Kombis trocken. Vorerst, derweil lässt Petras Jacke immer mehr Nässe durch, (Achtung Persiflage: dabei ist sie doch erst ca.25 Jahre alt), wo bleibt da nur die Qualität.
Nach einigen Tagen faszinierender Eindrücke besichtigen wir Bergen, nehmen die sehr empfehlenswerte Fähre nach Hirtshals in Dänemark, stranden noch einige Tage auf Rømø, um dann doch endgültig und voller Eindrücke unser Zuhause entspannt und entschleunigt zu erreichen.
Holgers Motorräder - Polarsirkel - und 42 Jahre im Wandel

Arctic Circle, Norwegen, am 25.06.1979
